Geschichte der Mühle

Im Jahr 1831 errichtete Gerber Heinrich Martin Biel die Lohmühle, einen einstöckigen Galerieholländer, der 1880 zu einer Kornwindmühle umgebaut wurde. Mit drei Mahlgängen ausgestattet, blieb sie bis 1967 in Betrieb.

Die Mühle zeichnet sich durch eine seltene technische Kombination aus: Neben dem Windantrieb verfügt sie über einen Dieselmotor aus dem Jahr 1926 und einen Elektromotor von 1943, die gleichzeitig genutzt werden konnten. Diese multifunktionale Antriebslösung macht die seit ihrem Betriebsende unveränderte Bergedorfer Mühle zu einem einzigartigen technischen Denkmal.

2003 übernahm die Stiftung Denkmalpflege Hamburg die Eigentümerschaft und übergab sie dem Verein „Bergedorfer Mühle e. V.“, der seit 1995 für die Instandhaltung verantwortlich ist. Der Verein hat die Mühle umfassend restauriert und mit neuen Flügeln versehen.

Die Lohgerberei, auch als Rot-Gerberei bekannt, war ein komplexer Prozess zur Herstellung von Leder aus Tierhäuten. Zwischen 1800 und 1890 genoss Bergedorf einen Ruf für seine erstklassige Lederproduktion, und Martin Biehl galt als einer der führenden Gerber mit ausgezeichnetem Geschäftssinn. Da die Kapazität der vorhandenen Rossmühle zur Herstellung der benötigten Lohe nicht mehr ausreichte, ließ er eine Windmühle errichten, um die Produktion des Gerbmaterials aus Baumrinden zu übernehmen. Der Standort der Mühle musste natürlich in der Nähe der Gerberei liegen, weshalb der aktuelle Standort gewählt wurde.

Dies erklärt auch die heutige Größe der Mühle, da für die Herstellung von Lohmaterial weniger Fläche benötigt wurde als für eine Kornwindmühle.

Ein paar Worte zur Lohe:

Die Lohe, gewonnen aus Tannenrinde, musste in einem Stampfwerk zerkleinert werden, da die Harze in der Tannenrinde bei einem Mahlvorgang die Mahlsteine und das Mahlgut verkleben würden. Aus diesem Grund wurde nur die hochwertige Eichenrinde in einem Mahlvorgang zerkleinert. Die Rotgerberei war ein unhygienisches Geschäft. Neben der Eichenrinde als bevorzugter Lohequelle wurden auch menschliche und tierische Fäkalien verwendet, was zu unangenehmen Gerüchen in den Gerbereien führte.

Die Tannine, die für den Gerbprozess benötigt wurden, vernetzten die Kollagenmoleküle in der Haut und erhöhten die Haltbarkeit des Leders. Darüber hinaus schützten sie vor Mikroorganismen, die das Leder zerstören könnten. Daher dauerte der Gerbprozess eines Leders bis zu einem Jahr oder länger, abhängig von der Qualität und Dicke des Fells. Die Einführung der chemischen Chromgerbung um 1873, die ein Fell in nur vier Wochen zu Leder machte, führte zur schnellen Aufgabe der Rotgerberei.

Alter Gerberspruch:
In des Leders Werdegang – ist die Hauptsach der Gestank.
Kalk, Alaun, Mehl und Arsen – machen´s gar recht weich und schön.
Eigelb, Pinkel, Hundeschiete – geben ihm besondere Güte.
Drum bleibt es stets ein Hochgenuss – auf den Handschuh einen Kuss.

Nach dem Niedergang der Lohgerberei blieb die Nutzung der Mühle lange Zeit unklar, da die Arbeitsfläche eigentlich zu klein für eine Kornwindmühle war. Es gab keinen Platz für Trieure, die zur Reinigung des Korns vor dem Mahlvorgang verwendet wurden, und auch das Sichten des Mahlguts nach dem Mahlvorgang war schwierig aufgrund des begrenzten Raums. Doch nach dem Brand der großen Bergedorfer Kornwindmühle um 1868 und deren Nicht-Wiederaufbau wurde die Mühle als Ressource wieder wichtig.

Der Müller Franz Thomas Solterbeck erwarb die Mühle und baute sie zu einer Kornwindmühle um. Mit zusätzlichen Anbauten wurde die Mühle zu einem festen Bestandteil von Bergedorf. Als die Familie Jürs den Mühlenbetrieb 1909 übernahm, wurden zahlreiche Modernisierungen durchgeführt. Die Segeltuch-Flügel wurden durch Jalousie-Flügel ersetzt, was die Arbeit des Müllers erleichterte. Der Steert mit Winde blieb erhalten, da die Kosten für eine Windrose mit neuer Kappe zu hoch waren.

Im Jahr 1926 führten die Jürs eine technische Umstellung auf einen Motormahlgang durch, wodurch die Mahlgänge erstmals mit Wind und/oder einem Dieselmotor angetrieben werden konnten. Dadurch wurde man erstmals unabhängig vom Wind. Während der Kriegsjahre 1942 musste ein Elektromotor installiert werden, da Diesel knapp wurde und Strom leichter verfügbar war. Dies hat heute den Vorteil, dass die Maschinen-Mahlgänge sowohl mit dem Elektromotor als auch mit dem Dieselmotor betrieben werden können.

Bereits im Jahr 1942 wurde die Mühle unter Denkmalschutz gestellt. Nachdem die Mühle im Jahr 1967 den Müllerbetrieb einstellte, erwarb die Familie Greiwe das Anwesen. Die Greiwes führten viele Modernisierungen an den Gebäuden durch und bewahrten die technischen Aspekte der Mühle.

Der Familie Greiwe ist es zu verdanken, dass die Mühlentechnik und die dazugehörigen Maschinen erhalten geblieben sind. Auf dieser Grundlage konnte der Mühlenverein gegründet werden und die heute sichtbare Restaurierung durchgeführt werden. Seit 2005 ist die Stiftung Denkmalspflege Hamburg Eigentümerin der Mühle und hat sie im Rahmen eines Erbbaurechts an den Verein übertragen.